Ohne Wasser kein Brot

Interview mit Rainer Barchet, TWL
Rainer Barchet

Neben Mehl ist Wasser unser Hauptrohstoff in der Bäckerei! In der Praxis können wir die Wasserzugabe in den Teigkessel automatisch steuern. Aber woher kommt dieses Wasser eigentlich?

Für die Trinkwasserversorgung von Ludwigshafen nutzt TWL Tiefengrundwasser aus dem Oberrheintalgraben – einem der größten Wasserspeicher Deutschlands. Die Gewinnungstiefe liegt in einem Bereich zwischen 40 und 400 Metern unter dem Erdboden.
 
Zur Qualitätssicherung werden regelmäßig Untersuchungen des Trinkwassers durchgeführt. Auch die regelmäßige Altersbestimmung, bei der wir untersuchen, wann das Wasser das letzte Mal als Regen vom Himmel gefallen und in das Grundwasser gesickert ist, trägt zur Qualitätssicherung bei. Hierbei konnten wir feststellen, dass das Grundwasser zwischen 1.000 und 25.000 Jahre (je nach Gewinnungstiefe) alt ist. Somit können wir auch ausschließen, dass Belastungen des Wassers wie zum Beispiel erhöhte Nitratgehalte und Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft oder Stoffe aus dem pharmazeutischen Bereich in unserem Wasser enthalten sind.
 
Die Versorgung erfolgt über unsere beiden Wasserwerke auf der Parkinsel und am Maudacher Bruch aus insgesamt 28 Brunnen. Über diese beiden Werke wird Ludwigshafen mit rund 12.000.000 m³ Trinkwasser jährlich versorgt. Das verwendete Grundwasser enthält kein Sauerstoff und natürlich bedingt erhöhte Gehalte an CO2, Eisen, Mangan und Ammonium.
 
Im Rahmen der Aufbereitung wird das Wasser von Trübstoffen befreit. Dazu wird Luft zugeführt und über Quarzkies gefiltert, sodass das Trinkwasser dann den Vorgaben der Trinkwasserverordnung entspricht.
 
Damit können wir ein genusstaugliches reines Lebensmittel anbieten.

Was bedeutet Regionalität bei dem Lebensmittel Wasser?

Aufgrund der Grundwassergewinnung aus dem Oberrheintalgraben werden bei der Trinkwasserversorgung nur regionale Rohstoffe verwendet. Auch die anschließende Aufbereitung zum Trinkwasser, was letztlich aus dem Hahn fließt und auch zum Brotbacken wie bei Ihnen in der Bäckerei verwendet werden kann, erfolgt hier vor Ort in den beiden TWL-Wasserwerken in Ludwigshafen. Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden in der Region zuverlässig mit streng kontrolliertem Trinkwasser aus Ludwigshafen zu versorgen.

Auch wenn in unserem Kulturkreis Wasserverfügbarkeit kein großes Thema ist, welche Herausforderungen gibt es bei der Wasserversorgung für Ludwigshafen und Umgebung?

Die Wasserverfügbarkeit ist zwar in unserem Kulturkreis kein großes Thema, sollte es aber aufgrund der klimatischen Veränderungen sein. In Ludwigshafen haben wir den „Luxus“ auf einem der größten Trinkwasserspeicher Deutschlands zu leben. Wie aber aus allgemeinen Berichten bekannt, gibt es in Deutschland bereits Gebiete, die sich mit massiver Trockenheit und Wassermangel auseinandersetzen müssen.
 
Zukünftig wird auch in unserer Region das Wassermanagement eine immer höhere Bedeutung bekommen. So hat z. B. der aktuelle Wasserversorgungsplan des Landes Rheinland-Pfalz eine rückläufige Grundwasserneubildung prognostiziert, was zu einem Rückgang des Grundwassers führt. Aufgrund der immer länger anhaltenden Trockenperioden werden die Spitzenbedarfe bei Trinkwasser ansteigen, was eine größere Leistungsfähigkeit der Gewinnungs- und Aufbereitungsanlagen erfordert.
 
Im Bereich der Trinkwasserversorgung gibt es zwei grundlegende Aufgabengebiete. Eine ist die Sicherstellung, dass zum jetzigen Zeitpunkt Trinkwasser in ausreichendem Druck, ausreichender Menge und der geforderten Qualität bei jedem Kunden in Ludwigshafen aus dem Wasserhahn kommt. Die zweite Aufgabe ist die Sicherstellung, dass dies auch in 20 Jahren noch gewährleistet ist. Hier müssen auf Basis von Klimaprognosen, Bevölkerungsentwicklungen und Grundwasserveränderungen Maßnahmen abgeleitet werden, die mit Investitionen von 3-stelligen Millionenbeträgen verbunden sind. Hier plant TWL aktuell die Neugestaltung der Gewinnung und Aufbereitung im Wasserwerk II „Maudach/Oggersheim“ – ein Projekt, das in den nächsten 10 Jahren umgesetzt werden muss.

Wie schon erwähnt steckt in Brot eine große Portion Wasser! Was schätzen sie an Brot wert?

Brot ist – wie auch Wasser – ein Teil der essenziellen Grundversorgung der Bevölkerung und ein maßgebender Faktor für einen hohen Zivilisationsgrad auf der Welt. In unseren Gebieten haben sich bezüglich des Brotes bereits „Luxusaspekte“ in den Vordergrund gedrängt. So werden z. B. unterschiedliche Brotvariationen von den Kunden gefordert und eine 24/7 Bereitstellung erwartet. Hierdurch tritt der eigentliche Wert von Brot als Grundnahrungsmittel in den Hintergrund. Sollte es zu einem Zusammenbruch der Versorgung mit Brot kommen, wird das soziale Zusammenleben wie wir es kennen nicht mehr möglich sein. Das Bedürfnis Hunger und Durst zu stillen ist eine Grundmotivation des Menschen, um sein Leben zu erhalten. Um dies zu erreichen, treten alle anderen sozialen Aspekte in den Hintergrund.
 
Als prägnantes Beispiel kann hier die Legende von Marie Antoinette angeführt werden, die als Kaiserin von Frankreich auf den Hinweis, dass das Volk kein Brot hätte, geantwortet haben soll, dann sollen Sie eben Kuchen essen. Letztendlich resultierte aus der Not des Volkes 1789 die französische Revolution, die unter anderem auch Marie Antoinette den Kopf kostete. Ein Beispiel dafür, dass Hunger das soziale Gefüge eines Volkes massiv verändern kann.
 
Ein Bäcker sollte sich also neben den wirtschaftlichen Aspekten auch immer seiner sozialen Aufgabe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bewusst sein. Und genau hier können wir wieder die Brücke zu uns als Wasserversorger schlagen. Kommerzielle Aspekte sind eben nicht das, was uns antreibt, sondern unsere zentrale und besonders wichtige Aufgabe für die Bürger in der Region, deren Versorgung mit Trinkwasser in höchster Qualität zuverlässig sicherzustellen.